NeoVac ist Leadingpartner von Minergie

Wir haben mit Pascal Welti, Leiter Energy Consulting bei NeoVac ATA AG, und Sabine von Stockar, Leiterin Bildung & Entwicklung und Mitglied der Geschäftsleitung beim Verein Minergie, über die Leadingpartnerschaft gesprochen.

NeoVac ist neuer Leadingpartner von Minergie | © NeoVac

Fallen wir gleich mal mit der Tür ins Haus: Wie smart ist eigentlich euer Zuhause?

Pascal Welti: So smart wie nötig. Ich habe extrem viel Freude an Sonnenenergie. Zusammen mit meinem Schwiegervater und Schwager habe ich die Photovoltaik-Anlage auf das Dach unseres Hauses gebaut. Zu sehen, was wir mit der so gewonnenen Energie alles betreiben können – zum Beispiel die Ladestation unseres E-Autos, die Grundwasserkühlung und die Brauchwarmwassererzeugung – macht einfach Spass, und es gibt einem auch ein gutes Gefühl, seinen Teil für eine nachhaltigere Zukunft beisteuern zu können. Kein Fan bin ich persönlich von Gebäudeautomation in Form von Lichtsteuerung, Rollladensteuerung etc. Da bin ich oldschool unterwegs und drücke lieber den klassischen Lichtschalter.

Sabine von Stockar: Bald ziemlich smart! Wir sanieren diesen Sommer unser Zuhause energetisch und möchten einen möglichst effizienten Betrieb gewährleisten können. Dafür installieren wir ein Monitoring der verschiedenen Energieflüsse wie jenes des Wärmepumpen-Boilers, des Stromverbrauchs des Haushalts und der Produktion der Photovoltaik-Anlagen. So verschwenden wir keine Kilowattstunde und beziehen möglichst viel Energie vom Dach. Natürlich geht es mir darum, am eigenen Leib zu erfahren, was Minergie zum Teil heute schon fordert oder als Vision anstrebt: keine Energieverschwendung und den optimalen Einsatz von erneuerbaren Energien bei hohem Komfort. 

 

Stellt euch vor, wir lebten in einer perfekten energieeffizienten und smarten Welt: Wie  würde diese in euren Augen aussehen?

Pascal Welti: Wir sollten weg von diesem zentralisierten Denken, das sich nur um das eigene Haus dreht, und mehr hin zu einem flächendeckenden Denken, was eigentlich eine energieeffiziente und smarte Welt bedeuten würde. Das stellt für mich einen wichtigen Faktor dar, den man verbessern müsste. Mindestens sollte man das Thema regional betrachten. Ich möchte dazu vielleicht ein Beispiel nennen: Nehmen wir die dezentralen PV-Produktionsanlagen. Es sollte eine sinnvolle Grundlage geschaffen werden, um jeweils das ganze Gebäudedach zu bestücken und dieses nicht aus wirtschaftlichem Denken auf den Eigenverbrauch zu optimieren. Leider sind die gesetzlichen Grundlagen für Förderung und Stromvergütung heute nicht darauf ausgelegt.

Sabine von Stockar: Die smarten Lösungen vermeiden die Energieverschwendung, setzen die erneuerbaren Energien optimal ein und sorgen für einen «automatischen» Komfort. Konkret würde der Energieverbrauch im Gebäude möglichst so gesteuert werden, dass dieser anfällt, wenn erneuerbarer Strom – in den meisten Fällen Sonnenstrom vom Dach oder vom Quartier – vorhanden ist. Darüber hinaus soll der sogenannte «Betrieb ohne Nutzen» vermieden werden. Unter anderem würden in jedem Gebäude die Wärmepumpe und das Elektroauto am Tag heizen respektive laden, wenn die Sonne scheint und zum Beispiel die Beleuchtung und Kaffeemaschine bei Abwesenheit ausgeschaltet sind. Technisch ist das heute alles schon Realität. Es wird einfach noch nicht konsequent angewendet.

 

Welchen Beitrag leisten Minergie und NeoVac dazu?

Pascal Welti: Wir analysieren das Gebäude, kennen die richtigen und wichtigen Messpunkte, werten sie aus, verarbeiten sie und schauen, wo Verbesserungspotenzial liegt. Hier setzen wir als NeoVac an, sodass das Gebäude für sich effizient läuft. Natürlich spielt auch die richtige Beratung eine wichtige Rolle. Wer heute ein Haus plant und mit uns zusammenarbeitet, dem erstellen wir ein Messkonzept und beraten, in welche Richtung man überhaupt gehen sollte mit dem Gebäude.

Sabine von Stockar: Minergie setzt gescheite Anforderungen, die für Energieeffizienz, Produktion von erneuerbaren Energien und Komfort am Gebäude sorgen. NeoVac bietet die dazugehörigen klugen Produkte und Dienstleistungen, um den Energieverbrauch und die Energieproduktion zu messen, zu optimieren und abzugleichen. Das Wichtigste dabei ist, dass beide Partner intrinsisch motiviert sind und dafür auch neue Wege ausprobieren – für den Klimaschutz und den Komfort der Nutzer. 

 

Wie weit sind wir eurer Meinung nach noch von dieser perfekten Welt entfernt? 

Pascal Welti: Ich finde das eine schwierige Frage - die man so pauschal nicht beantworten kann. Die Frage beschäftigt auch nicht umsonst viele Wissenschaftler. Wir leben in einer komplexen Welt, in der alles mit allem zusammenhängt. Und natürlich frage ich mich auch, ob man diese perfekte Welt überhaupt erreichen kann – ich weiss es ehrlich gesagt nicht und bin eher skeptisch. Wenn ich mir Konzepte wie zum Beispiel die «2000-Watt-Gesellschaft» anschaue – ein Modell, das den Energiebedarf jedes Bewohners bei einer Leistung 2000 Watt ansetzt, um der Nutzung von Energie und Ressourcen nachhaltig und global gerecht zu werden – und dabei weiss, dass der Durchschnittsverbrauch der Schweizer zwischen 5000 und 6000 Watt liegt, dann sind wir einfach weit davon entfernt. So ein Ziel kann nur erreicht werden, indem wir unseren Lebensstandard reduzieren und unsere liebgewonnenen Lebensgewohnheiten umstellen. Wir können uns hier sicherlich verbessern, aber ich bin eher pessimistisch, dass das Ziel erreicht wird. Wichtig finde ich, das Augenmerk darauf zu legen, die Energie, die wir verbrauchen, durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Und schon allein, dass wir uns mit dem Thema auseinandersetzen, zeigt ja, dass wir auf einem guten Weg sind. Und Schritt für Schritt geht es in die richtige Richtung.

Sabine von Stockar: Wir sind schon viel weiter als vor zehn oder sogar fünf Jahren! Vor fünf Jahren waren kaum Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern zu sehen. Minergie hat schon damals eine PV-Pflicht eingeführt. Heute sind PV-Anlagen in vielen Kantonen Pflicht. Der Zubau der PV-Anlage und die politischen Rahmenbedingungen rund um den ZEV (Zusammenschluss zum Eigenverbrauch) haben smarte Lösungen für den optimalen Einsatz von Sonnenstrom ins Rollen gebracht. Langsam werden sogar Systeme ganzheitlich gedacht. Das heisst, dass ohnehin vorhandene thermische Speicher ebenfalls zur Optimierung beigezogen werden. So kann ein Warmwasserboiler mit Solarstrom «überladen» werden, damit am Abend, wenn die Sonne nicht mehr scheint, mit dem im Boiler gespeicherten PV-Strom geduscht werden kann. Und doch muss noch auf das Gebäude bezogen viel geschehen, bis wir in einer smarten Welt leben. Einfach gesagt: Das alles muss normal werden. Es muss Standard sein, dass Energie ein wertvolles Gut ist, das im Gebäude mit Sorgfalt geplant und betrieben wird. 

 

Kommen wir zurück ins Jetzt. Minergie schreibt seit 2017 ein Monitoring vor, das den Energieverbrauch im Betrieb misst. Dafür hat NeoVac in den letzten drei Jahren Minergie bei der Entwicklung des «Minergie­Moduls Moni­toring» unterstützt und ist in diesem Bereich neu Leadingpartner. Was genau können wir uns unter diesem Modul vorstellen? 

Sabine von Stockar: Minergie-Module sind ausgewählte und zertifizierte Bauteile und Bauteilsysteme in Minergie-Qualität. Sie sind die Bausteine des Minergie-Hauses. Im Falle des Minergie-Moduls Monitoring handelt es sich um die Zertifizierung von Modul-Anbietern, welche die Minergie-Anforderungen erfüllen. Dies betrifft sowohl die technischen Lösungen – also die Fähigkeit, definierte Energieflüsse zu erfassen und zu speichern – als auch das Know-how der Anbieter. Zudem müssen sie über eine Schnittstelle verfügen, um das Zusatzangebot Monitoring+, den Vergleich von Plan- und Messdaten, ihren Kunden anbieten zu können. Das Modul soll Anreize im Markt setzen und dadurch qualitativ gute Lösungen standardisieren. Gleichzeitig vereinfacht es die Antragstellung eines Minergie-Zertifikats für den Planer. Seit der Einführung des Moduls am Markt vor gut einem Jahr haben Planer für über 100 Objekte ein solches Modul bei der Minergie-Antragstellung gewählt. 

 

Was erhofft ihr euch von einem Energie-­Monitoring?

Pascal Welti: Einfach einen transparenten Betrieb des Gebäudes. Das Monitoring spiegelt offen und ehrlich wider, wie das Gebäude läuft. Und es deckt Fehlverhalten auf und animiert dadurch zum Optimieren und Richtigstellen des Betriebs. Gebäude, die mit dem Modul bestückt sind, führen zwangsläufig zu einem verbesserten Betrieb.

Sabine von Stockar: Genau! Gebäude sollen nicht nur gut geplant, sondern auch gut betrieben werden. Grundstein dafür ist ein Monitoring, weil es die Energieflüsse aufzeigt. So können Fehlfunktionen, falsche Einstellungen oder gar defekte Anlagen erkannt werden. Das oberste Ziel: die Vermeidung von Energieverschwendung.

 

NeoVac und Minergie treiben nun gemeinsam das Monitoring im Markt voran. Worin liegen die Vorteile einer Partnerschaft mit NeoVac?

Sabine von Stockar: Minergie ist in Sachen Klima-Gebäude Vorreiter. Mit den über 1900 Gebäuden, die wir zurzeit jedes Jahr nach Minergie zertifizieren,  zeigen wir, wie klimafreundliches Bauen ohne Verzicht auf Komfort geht. Sinnvolle Weiterentwicklungen können aber nur in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Markt geschehen. Es ist nicht im Interesse von Minergie, am Markt vorbei zu entwickeln oder Anforderungen zu formulieren, wofür die Umsetzungen im Markt fehlen. Eine Partnerschaft mit einem starken, dynamischen Marktplayer wie NeoVac bringt noch bessere Lösungen.

 

Und worin liegen die Vorteile einer Partnerschaft mit Minergie?

Pascal Welti: Der grosse Vorteil ist natürlich, dass Minergie eine sehr verbreitete Marke ist. Jeder, der sich ein wenig mit der Materie beschäftigt, bringt Minergie mit gut gebauten und effizienten Gebäuden in Verbindung. Und NeoVac ist hier mit seiner Messtechnik einfach das fehlende Puzzleteil. Mit dem Monitoring bringen wir die Kontrolle und den Beweis, dass die Gebäude effektiv gut laufen und können aufzeigen, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Damit stellen wir sicher, dass die Gebäude auch halten, was sie versprechen. 

 

Welche Themen werden Minergie die kom­menden Jahre am meisten beschäftigen? Wo liegen die grössten Herausforderungen?

Sabine von Stockar: Ganz viele! Die nächste grössere Standardanpassung wird im Jahr 2023 erfolgen. Der Fokus liegt auf der verstärkten Verbreitung der Photovoltaik, auf der sinnvollen Kühlung (wenn möglich passiv) und auf fortschrittlichen Anforderungen für Elektroladestationen. Und natürlich müssen Gebäude noch effizienter werden. Diese Schwerpunkte stehen in einem Zusammenspiel und müssen optimal aufeinander abgestimmt werden. Eine weitere grosse Herausforderung für das Klimagebäude sind die Treibhausgasemissionen, die beim Bau verursacht werden. Die vorgelagerten Ketten (Herstellung der Materialien, Transport und Bau) zu dekarbonisieren, ist eine komplexe Aufgabe. Hierfür werden seit diesem Jahr für Minergie-Neubauten die Treibhausgasemissionen in Erstellung bilanziert. Minergie setzt damit einen neuen Meilenstein.

 

Mit welchen Themen wird sich NeoVac in nächster Zeit auseinandersetzen?

Pascal Welti: Die vorausschauende Optimierung von Gebäuden ist für meine Abteilung und mich ein zentrales Thema. Zukünftig wollen wir auch Wettereinflüsse berücksichtigen – ich denke da zum Beispiel an Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Diese Werte in unser Analysetool aufzunehmen und auszuwerten, wird uns sicher beschäftigen. Auch der CO2-Fussabdruck eines Gebäudes soll zukünftig ermittelt und dargestellt werden können – sodass man sinnvolle Auswertungen zur Hand hat und entsprechend handeln kann.